Und dann eröffnete 1959 das Solomon R. Guggenheim Museum in der 5th Avenue. Af Klint hatte keinen Förderer wie Brahe den dänischen König. Sie hatte auch keinen Förderer wie die deutsche Künstlerin Hilla von Rebay. Diese lernte den Unternehmer Solomon R. Guggenheim 1928 in New York kennen, als sie den Auftrag erhielt, ein Portrait von ihm zu malen. Obwohl Rebay zu diesem Zeitpunkt sich vom Figürlichen abgewendet hatte – sie hatte die Schrift Wassili Kandinskys „Über das Geistige in der Kunst“ gelesen, malte ungegenständlich und hatte schon in der Sturm-Galerie von Herwarth Walden in Berlin ausgestellt (2) – lohnte sich dieser Auftrag bei Guggenheim. Er öffnete ihr Türen für neue Wege. Zwei Jahre später schrieb sie in einem Brief an den Künstler Rudolf Bauer: „Ich finde, ein Museum muss gebaut werden, von fabelhaftem Styl, mit einem Ruheraum, einem großen Raum, wo die Bilder schön verwahrt werden, damit nur immer wieder wenige aufgehängt im Wechsel werden u. nur wenige große Künstler gezeigt werden [...].“ Dabei sprach sie von einem Tempel der Gegenstandslosigkeit und Andacht.
„Die Malerin ist überzeugt, dass Kunst nicht die äußere Wirklichkeit abbilden darf, sondern zu einer höheren Wahrheit vorstoßen muss, dem Geistigen [...]“, schrieb Julia Voss über von Rebay in ihrer Biographie zu Hilma af Klint. Das dürfte af Klint genauso gesehen haben. Beide, von Rebay und af Klint lasen dieselben Schriften. Wie etwa von Annie Besant, Helena P. Blavatski und dem heute umstrittenen Rudolf Steiner. Beide verfolgten unabhängig voneinander die Idee ihres Tempels. Von Rebay hatte aber Guggenheim als Förderer und Hilma af Klint gab irgendwann ihre Pläne auf, nicht nur, weil sie wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, sondern auch weil sie das nahe kommende Unheil über Europa schon vorausahnte. Sie hatte im Sinn, ihre Arbeiten der Zukunft zu vermachen. Schon im Jahr 1932 markierte sie diese mit den Symbolen + und x und hoffte, dass die Menschen diese Arbeiten zwei Jahrzehnte besser verstehen würden.
Doch zurück zu Hilla von Rebay und Solomon R. Guggenheim. Nach den Sitzungen bei Rebay war dieser überzeugt, dass er und nur er ab jetzt gegenstandlose Kunst sammeln sollte. Zusammen mit von Rebay fing er an seine Sammlung anzulegen. Sie reisten 1930 ans Bauhaus in Dessau, kauften dort von Kandinsky, erwarben Werke von Fernand Léger und verstauten die wachsende Sammlung zunächst erst einmal im Hotel. Dann im ehemaligen Schauraum eines Autohauses in Manhattan, dann im Stadthaus von Guggenheim.
Die beiden nehmen dann Kontakt mit den Architekten Frank Lloyd Wright auf und 1945 sieht man auf einem Foto Hilla von Rebay mit einem Modell des künftigen Guggenheim Museums. Auf dem Modell erkennt man anstatt einer Treppe eine einzige lange Rampe, die spiralförmig nach oben steigt. „Die geschwungene Aufwärtsbewegung der Architektur verkörpert alles, woran Rebay glaubt, insbesondere ihre Überzeugung, dass die non-objektive Malerei die Betrachter aus dem Materialismus befreien kann und zu höheren Formen der Erkenntnis führt. Die Besucher sollen eine spirituelle Evolution durchlaufen, auf einer Art geistiger Rennstrecke, die in sanften Kurven nach oben führt, Windung für Windung, bis zur verglasten Kuppel, die das Gebäude zum Himmel hin öffnet.“
Von Rebay wird später behaupten, dass es ihre Idee von Anfang an war. Frank Lloyd Wright sagt es wäre seine, er habe diese Idee aus der Natur. Scherzhaft behauptete er: „Ich habe Probleme, einer Schnecke ins Gesicht zu sehen, da ich die Idee ihres Hauses gestohlen habe – von ihrem Rücken.“
Wright entwarf im Jahre 1947 eine Garage für die Stadt Pittsburgh in Pennsylvania. Dieser spiralförmige Entwurf ist nie zur Ausführung gelangt und als sich dann die Gelegenheit bot für die Guggenheim-Stiftung ein Museum zu planen, konnte er die Bauherren überreden, das zunächst geplante sechseckige Gebäude nach einem Entwurf von 1943 zu verwerfen und ihnen den spiralförmigen Entwurf von Pittsburgh anzubieten. „Er verkaufte eine Garage als Museum.“
Hilma af Klints Arbeiten werden im Guggenheim Museum New York unter dem Titel „Gemälde der Zukunft“ vom 12. Oktober 2018 bis 3. Februar 2019 gezeigt. Es ist die erste große Ausstellung ihrer Arbeiten und diese sind nach 86 Jahren in einem Tempel zu erleben. Hilma af Klint hätte das bestimmt gefallen.